
Kultur und feine Küche in Binz auf Rügen
Clara+Jo... war nicht nur ein "Naming" im Designprozess. Clara Schumann und Johannes Brahms finden sich in der Geschichte von Rügen und nun auch in diesem Kleinod wieder. Eine willkommene Vorlage für unser Juni.Studio, um ein Design- Interior- und Markenkonzept für die Location im Kleinbahnhof Binz zu entwickeln. Nebenbei; Hier dampft, zischt und faucht immer noch der "rasende Roland" -eine bei Touristen beliebte historische Bahn mit rauchender Dampflok- am Bahnsteig vor.
Zunächst: Worum geht es? Binz wandelt sich mit dem Tourismus. Das Angebot profiliert sich. Was zeichnet Rügen aus? Gibt es etwas nur hier? Neben dem Fokus auf regionale Alleinstellungsmerkmale wird eine „Verjüngung“ und eine behutsame "Urbanisierung" angestrebt. Individuell statt einfach nur pauschal. Ausschlaggebend für ein erfolgreiches Angebot ist die Frage nach der Lücke im Portfolio: Was findet der ambitionierte Gast in Binz (noch) nicht?
Die historische Substanz des Kleinbahnhofes bringt ein besonderes Potential mit. Skandinavisches „Hygge“, hochwertige, zugängliche und regionale Küche (anstelle eines beliebigen Angebots für Jedermann) und kulturelle Bezugspunkte. Letzlich Veranstaltungen, die Gäste auch jenseits der Kurpromenade begeistern können.
Ganzheitliche Markenentwicklung
Juni.studio war für die gestalterische Raum- und Markenentwicklung gefragt. So wagten wir uns in Bereiche, die über reines Design hinausgehen. Beginnend mit der Namensgebung über ein Storytelling, dann die Suche nach der Lücke im Angebot (siehe oben), schliesslich die Antwort auf die Frage, wie die Räumlichkeiten folgerichtig aussehen werden. Dazu begleiteten wir das neue Restaurant und Kulturzentrum mit Logo, Illustrationen, Packaging und Website (Link folgt). Besonders gefällt uns, dass wir hier ganzheitlich arbeiten durften. Der Entwurfsprozess umfasste sogar die Illustration für die hauseigenen Produkte (Link folgt). Charmante Randnotiz; das "Schloßbrot", das einst Fürst Malte zu Putbus freitags an das Volk verteilte, wird hier wieder gebacken!
Design, Interior und Visualisierung
Im Hauptraum wird mit den baulichen Besonderheiten gespielt. Die Substanz mit der freigelegten Stützkonstruktion (neue Offenheit) mit einem bis zur Decke reichenden Verkaufsregal in Anlehnung an einen „Krämerladen“ dominiert eine komplette Seite des Raumes. Komplett in „Salbei-Grün“ -so lautete auch unser Arbeitstitel. Gegenüber ist Platz für die Gäste auf einer durchgehenden Sitzbank an flexiblen Tischkombinationen. Das Konzept, welches auf Transparenz setzt und die Persönlichkeit und Sichtbarkeit der Gastgeber (Restaurantleiterin Maria und Küchenchef Damon) hervorhebt, wird deutlich durch das bewusste Weglassen eines konventionellen Tresens. So werden anonyme Gäste zu individuellen Gästen, sie können den Gastgebern beim Tun zuschauen. Wir gewinnen einen Ort der Begegnung.
Im Eingang wirkt die neue Offenheit zur Küche; Durch Fenster ist der Küchenchef bei der Produktion von regionalem Brombeerholzöl (!) oder beim Kneten des Teigs für das hauseigene Brot zu sehen. Dafür gibt es inzwischen viele ansprechende Beispiele auf dem Insta-Social-Media-Account von C+J. Ein ToGo-Bereich wird zudem saisonal in die Halle des Kleinbahnhofs geöffnet werden.
Wir waren erstaunt, wie nah unsere Visualisierungen des Interior-Entwurfs dem finalen Projekt kommen. Es war uns ein Fest, kurz vor Weihnachten ein hervorragendes, aussergewöhnliches Menü quasi im eigenen Rendering zu genießen. Die ausführenden Tischler und lokalen Gewerke haben auf einem kompromisslosen Niveau gearbeitet. Chapeau!
Geschichten
In unserem Interiordesign werden viele verschiedene Geschichten miteinander verwoben. Drei davon: Die des Ortes, also des historischen Kleinbahnhofes, durch den behutsamen Umgang mit der vorhanden Architektur. Selbstverständlich der „Beziehungszauber“ über Clara und Johannes auf Rügen, eine Geschichte mit Musik natürlich, die hier für ein zeitgemäßes kulturelles Angebot steht. Und dann die wichtigste Geschichte, die deutlich in unsere Zeit hineinkommt; der bewusste Umgang mit regionaler saisonaler und hochwertiger Küche und einer eigenen Produktpalette, nachhaltig ohne Worthülsen. Denn es geht auch ohne Cola&Co!
Zugänglichkeit, Einfachheit und Gelassenheit
Es war wichtig, ein anspruchsvolles, urbanes Publikum mitzudenken, jedoch sollte die Hemmschwelle nicht hochgelegt werden. Als "skandinavische Haltung" -sozusagen ein kleiner Sprung an die benachbarten Küsten der Ostsee, sei es Aarhus oder Visby- lässt sich die Kombination von Zugänglichkeit, Einfachheit und Gelassenheit beschreiben, die im Kulturbahnhof lebt. Im Winter zog das Kulturprogramm mit dem schnell auch bei Locals beliebt gewordenen "blauen Mittwoch" ein.
Nur ein Konzertflügel hat nicht mehr in den Raum gepasst. Stattdessen können kulturelle Events wie Lesungen, Konzerte und Filmabende flexibel in den Raum und sogar in die Bahnhofshalle integriert werden. Aber vielleicht lässt sich künftig mal ein Pianist ein Piano für sein Konzert anliefern. Bis dahin laufen Brahms oder Clara Schumann vom Plattenspieler über ein hochwertiges Soundsystem von Inselklang, den Rügener Soundspezialisten.




ein alternatives Konzept:
Ein zweiter Entwurf wirkt etwas universeller. Hier lag der Schwerpunkt mehr auf Kunst verknüpft mit Popkultur. Aber es war den Beteiligten (Auftraggebern sowie Gastgebern) sofort klar, Salbei-Grün in skandinavischer Klarheit mit Clara+Jo sollte es werden.


